Zum Hauptinhalt springen

Kostenschätzung? Aber welche!

| Dr. Wolfgang Schindler (FA für Bau- und Architektenrecht) | News

OLG Köln, Urteil vom 09.07.2025, Az. 11 U 59/24



Sachverhalt:
Ein öffentlicher Auftraggeber (AG) beauftragt ein Architekturbüro (AN) mit Generalplanerleistungen. Im Zuschlagsschreiben nennt der AG eine von ihm geschätzte Summe anrechenbarer Kosten für die Leistungsphasen 1 bis 3. Im Vertrag ist geregelt, dass das Honorar für diese Leistungsphasen „auf Basis der Kostenschätzung“ ermittelt wird. Der AG meint: Die im Vergabeverfahren genannte Summe sei die verbindliche Kostenschätzung – also liege ein Pauschalhonorarvertrag vor. Der AN sieht das anders: Maßgeblich sei die Kostenschätzung nach der als Vertragsbestandteil einbezogenen HOAI, die erst in Leistungsphase 2 erstellt wird.

Urteil:
Zu Recht! Die Parteien haben im Vertrag ausdrücklich eine Abrechnung nach den Regeln der HOAI vereinbart. Nach der HOAI werden die anrechenbaren Kosten erst nach Auftragserteilung ermittelt – zunächst vorläufig durch die Kostenschätzung (Leistungsphase 2), anschließend endgültig durch die Kostenberechnung (Leistungsphase 3). Damit ist nicht die im Vergabeverfahren vom AG genannte Summe maßgeblich, sondern die vom AN nach HOAI erstellte Kostenermittlung. Die vom AG angenommene Bindungswirkung seiner eigenen „Kostenschätzung“ besteht somit nicht.

Praxistipp:
Der Fall zeigt, wie wichtig eine präzise und klare Terminologie ist. Offenbar verstand der AG unter „Kostenschätzung“ etwas anderes als den Begriff im Sinne der HOAI – mit für ihn nachteiligen Folgen. Planer sollten im Vergabeverfahren bereits auf eine eindeutige Terminologie achten und das Zuschlagsschreiben kritisch überprüfen. Eine saubere sprachliche Trennung schützt beide Seiten – und vermeidet spätere Diskussionen über Honorar oder Vertragsgrundlagen.