Welche Änderungen sind von der geplanten HOAI-Novellierung zu erwarten?

Angesichts der geänderten politischen Rahmenbedingungen ist derzeit noch offen, wie der seit drei Jahren laufende Novellierungsprozess der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) fortgesetzt wird.
1. Änderungsvorschläge aus dem Planungsbereichsgutachten
In einem ersten Schritt wurden die Planungsbereiche der HOAI gutachterlich evaluiert (vgl. hierzu den Endbericht). Die darin beabsichtigten HOAI-Neuerungen möchten wir nachstehend im Grobüberblick einmal vorstellen:
a) Bauen im Bestand
- Einfachere Unterscheidung:
Künftig soll nur mehr zwischen Neubauten und Objekten im Bestand, denen Umbauten, Modernisierungen, Instandsetzungen und Instandhaltungen unterfallen, unterschieden werden. Streitige Abgrenzung entfallen damit. - Berechnungsvorgaben für Bausubstanz:
Die mitzuverarbeitende Bausubstanz soll anhand konkreter HOAI-Vorgaben zu ermitteln sein. - Umbauzuschlag:
Der Zuschlag für Umbauarbeiten wird anhand der Merkmale Integration, Flexibilität, Risiko, Komplexität und Organisation der baulichen Maßnahme berechnet.
b) Building Information Modeling (BIM)
- BIM-Definition und Vorgaben:
Auch wenn BIM bzw. das digitale Planen in der Praxis zunehmend an Bedeutung gewinnt, soll die HOAI weiterhin methodenneutral bleiben. BIM wird in § 2 HOAI definiert und erhält einen Regelungsprozess mit Mindestanforderungen, Grundleistungen sowie besonderen Leistungen. Die Grundleistungen sollen dabei die bestehenden Leistungsbilder ergänzen. Eine alleinige Beauftragung dieses neuen Regelungsprozesses ist daher nicht möglich. Bisherige besondere Leistungen, die sich auf BIM bzw. das digitale Planen beziehen, sollen – bis auf wenige Ausnahmen – aus den entsprechenden Leistungsbildern entfernt werden.
c) Nachhaltigkeit
- Nachhaltiges Bauen als Standard:
Um künftig Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Ressourcenschonung in die Leistungsbilder integrieren zu können, erhält § 2 HOAI eine einheitliche Definition zur Nachhaltigkeit.
d) Allgemeine Neuerungen
- Kostenermittlung nach aktueller DIN 276:
Bei der Kostenermittlung soll auf die aktuelle DIN 276:2018-12 Bezug genommen werden. - Vereinfachte Honorierung bei Planungsänderungen:
§ 10 HOAI wird neu gefasst und an das BGB angepasst. - Vereinfachte Einordnung von Honorarzonen:
Die Einordnung der Honorarzone soll künftig durch eine vereinfachte Prüfkaskade erfolgen: Die Objektlisten dienen der ersten Orientierung und haben nachrangige Bedeutung. Primär erfolgt die Einordnung nach Bewertungsmerkmalen. Nur im Zweifel ist eine Punktebewertung durchzuführen. - Tragwerksplanung:
Für die Ermittlung der Honorarzone bei der Tragwerksplanung werden Bewertungsmerkmale eingeführt. - Synchronisation mit BGB:
Die Leistungsphase 1 wird mit der „Zielfindungsphase“ gem. § 650p Abs. 2 BGB synchronisiert. - Anpassung von Grund- und Besonderer Leistungen:
Die Grundleistungen sowie die besonderen Leistungen werden modernisiert und präziser voneinander abgegrenzt. - Neue Grundleistung im Leistungsbild Tragwerksplanung:
Im Leistungsbild Tragwerksplanung wird die „Objektüberwachung“ Grundleistung der Leistungsphase 8. - Neue Grundleistung im Leistungsbild Gebäude und Innenräume:
Im Leistungsbild Gebäude und Innenräume werden die „Überlegungen zum Bauverfahren“ Grundleistung der Leistungsphase 2. - Städtebaulicher Entwurf als neues Leistungsbild:
Mit dem städtebaulichen Entwurf wird ein zusätzliches Leistungsbild eingeführt. - Preisgleitklauseln:
Das Berücksichtigen von Preisgleitklauseln in Bauverträgen wird als besondere Leistung aufgenommen.
2. Änderungsvorschläge aus dem Honorargutachten
Im März 2025 wurde das 619-seitige Honorargutachten zur Überarbeitung der Honorarberechnung in der HOAI veröffentlicht, deren wesentliche auf dem Planungsbereichsgutachten aufbauende Änderungsvorschläge wir nachstehend ebenfalls im Grobüberblick vorstellen:
a) Honoraranpassungen
- Anpassung aller Honorartafelwerte:
Geplant ist eine deutliche Anhebung der seit 2013 unveränderten Honorartafelwerte. Beispielhaft hierzu der Vergleich einzelner Tafelwerte der aktuell geltenden HOAI 2021 mit dem Preisstand der geplanten HOAI 202X im Leistungsbild der Objektplanung Gebäude:
- Anpassung der Honorartafelgrenzen:
Auch die Grenzwerte der Honorartafeln sollen angepasst werden (vgl. dazu S. 81 ff. des Honorargutachtens). Beispielsweise soll im Leistungsbild Objektplanung Gebäude der untere Grenzwert von 25.000 EUR auf 100.000 EUR und der obere Grenzwert von 25 Millionen EUR auf 50 Millionen EUR ansteigen. Für weitergehende Tafelwertfortschreibungen fehlen jedoch gesicherte Datengrundlagen. - Anpassung der Prozentsätze:
Ebenso werden die Prozentsätze der Leistungsphasen angepasst (vgl. dazu S. 79 ff. des Honorargutachtens). Für die Leistungsbilder der Objektplanung würde die vorgeschlagene Anpassung wie folgt aussehen: - Honorartafel zum Leistungsbild „städtebaulicher Entwurf“:
Zur Leistungsbeschreibung des neuen Leistungsbildes „städtebaulicher Entwurf“ wurde eine Honorartafel, die auf Erfahrungswerten, Stundenaufzeichnungen und Expertenbefragungen basiert, entwickelt. - Dynamische Tafelwerte bei Leistungsbildern der Flächenplanung:
Bei den Leistungsbildern der Flächenplanung soll eine „Dynamisierung“ der Honorartafeln anhand der Indizes des Statistischen Bundesamts erfolgen, da Baupreissteigerungen bislang – aufgrund der Grundstücksflächen als Abrechnungsgrundlage – keine Berücksichtigung fanden. - Beibehaltung der Honorarspannen
Entgegen dem Vorschlag im Planungsbereichsgutachten sollen keine einheitlichen Honorarwerte durch Mittelsätze eingeführt, sondern die bisherigen Honorarspannen (Von- und Bis-Sätze) beibehalten werden.
b) Allgemeine Neuerungen
- Anpassung der Bewertung in § 35 HOAI:
Beim Leistungsbild Objektplanung Gebäude und Innenräume erfolgt eine Anpassung der Bewertungspunkte und -spannen in § 35 HOAI. - Ermittlung der mitzuverarbeitenden Bausubstanz:
Zur Ermittlung der anrechenbaren Kosten aus mitzuverarbeitender Bausubstanz wurde eine Formel
Bezugseinheit * Kostenkennwert * Abminderungsfaktor
entwickelt (zu den Einzelheiten S. 15 ff. des Honorargutachtens). Abminderungsfaktoren (z. B. für Gebäude 0,70) wurden je Leistungsbild und Leistungsphase definiert, damit eine Berechnung auch bei nur teilweiser oder getrennter Beauftragung möglich ist. Vorrangig bleiben Parteivereinbarungen. - Ausgestaltung des BIM-Regelungsprozesses:
Der „BIM-Regelprozess“ wurde bereits im Planungsbereichsgutachten beschrieben. Aufgrund der üblicherweise über Austausch-Informationsanforderungen (AIA) projektspezifisch geregelten BIM-Anforderungen fehlen allgemeingültige Definitionen, die eine Aufnahme in die Honorartafeln ermöglichen. Solche Definitionen konnten auch nicht innerhalb des im Rahmen des Gutachtens zur Verfügung stehenden Zeitrahmens entwickelt werden. Daher soll nicht von „Grund-“, sondern von „Standardleistungen“ gesprochen und die projektspezifische Vereinbarung beibehalten werden. - Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen:
Die gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung der Nachhaltigkeitsanforderungen sind in die Honorartafeln eingeflossen. Darüberhinausgehende Leistungen, wie zum Beispiel Nachweisführungen im Kontext von Zertifizierungen, sind besondere Leistung und nicht von den Tafelwerten abgedeckt. - Leistungsbild Ingenieurbauwerke und Verkehrsanlagen:
Die örtliche Bauüberwachung für Verkehrsanlagen und Ingenieurbauwerke wird in die Grundleistungen zurückgeführt. Entsprechende Anpassungen bei den Leistungsprozentsätzen werden vorgenommen. - Kritik an statischem Bezug auf DIN 276:2018-12:
Eine statische Bezugnahme auf die DIN 276:2018-12 erscheint angesichts drohender Streitigkeiten bei Erlass einer neuen DIN-Fassung wenig praktikabel.
3. Fazit
Es bleibt abzuwarten, inwieweit die vorgeschlagenen Änderungen in der HOAI-Novelle tatsächlich umgesetzt werden. Der Koalitionsvertrag enthält hierzu keine Aussagen. In jedem Fall könnten die Anpassungen zu der dringend notwendigen zeitgemäßen Vergütung von Planungsleistungen führen.